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2020 – Mein persönlicher Jahresrückblick

#CorinnastattCorona

Kann und sollte ich überhaupt noch etwas über das Jahr 2020 schreiben? Die Jahresrückblicke sprießen aktuell (Ende Dezember 2020) auf allen Kanälen wie Pilze aus dem Boden. Das Jahr hat uns alle gefordert, wie wohl wenige Jahre zuvor. Auch ich habe in meinem Leben viele kleine und großen Katastrophen in Betracht gezogen – Krankheit, Verlust eines geliebten Menschen, Arbeitsplatzverlust, Unfälle… Aber eine Pandemie?! Ernsthaft?! Das ist doch etwas aus Dystopien und Gruselfilmen. Tja. Das vergangene Jahr hat uns eines Besseren belehrt. Und auch ich habe im Februar noch die ersten Menschen innerlich belächelt, die ich mit Maske in der S-Bahn gesehen habe. Ein bisschen hypochondrisch fand ich das schon… Dass ich mal unser großes Treppenhaus und den Arbeitsplatz nur noch mit FFP2-Maske betrete, hätte ich damals wohl als abwegige Vorstellung bezeichnet.

Was hat das Jahr mir aber nun persönlich gebracht, welche Herausforderungen und welche Learnings? Es war einfach zu besonders, als dass ich NICHTs darüber schreiben will.

Jahresbeginn – Ordnung bei der Arbeit startet

Zunächst startete ich sehr optimistisch ins neue Jahr. Ich stand mit meinem Mann am Elbufer in Dresden, unserem Neujahrsurlaubsziel, und schickte symbolisch mit dem Feuerwerk meine alten Ängste in den Himmel. Zurück in Berlin war ich voller Tatendrang.  Mein neuer Firmenbereich „Ordnung bei der Arbeit“ sollte innerhalb der nächsten paar Wochen launchen. Meine zweite Webseite dazu war in der Mache, mein neuer Instagram-Kanal bereit. Die Meldungen aus Wuhan, die ersten Bilder von riesigen Behelfskrankenhäusern jagten mir einen Schauer über den Rücken und die Menschen hatten mein tiefstes Mitgefühl, die dort liegen mussten. Aber es galt immer noch: Das ist weit weg. Keine Gefahr für uns hier in Europa! Irgendwie wie Ebola. Gruselig, aber betrifft uns zum Glück nicht direkt. Den Januar startete ich mit einem Vor-Ort-Workshop in einer Hebammenpraxis. Das war toll. Tatsächlich war ich im Januar und Februar auch sonst gut gebucht, alles begann sehr optimistisch.

Das Virus kommt - und heißt auch noch fast wie ich...

Im März machte ich noch eine Dienstreise (für meinen Arbeitgeber, den ich bis dato noch hatte) nach Köln. Rückblickend war es wohl Mitte März schon fahrlässig, ohne Maske noch mit der Bahn zu einem Seminar im damaligen Hotspot zu fahren. Glücklicherweise ist nichts passiert, oder ich war symptomlos. Man weiß es ja nicht genau… Mit mulmigem Gefühl saß ich da aber schon in der Bahn in der letzten Ecke - und in der Straßenbahn in Köln drückte ich mich an der Tür herum. Denn das Virus kam deutlich näher. Wir näherten uns dem ersten Lockdown, der auch mich im Angestelltenverhältnis (Bibliothekarin) ins Home Office katapultierte, wie so viele von uns.

Die Erste, die sich versprach, war übrigens meine Schwiegermutter aus Schweden. „Corinna-Virus“… Ja. Schon blöd, wenn man fast wie ein Virus heißt. Auch im Laufe des Jahres musste ich (dank Autokorrektur?!) leider sehr häufig „Corinna-Virus“ lesen. Mein Hashtag war schnell geboren: #CorinnastattCorona

Schockstarre

Ich muss ehrlich zugeben, dass ich zunächst in einer Art Schockstarre war. Mein Buchungskalender leerte sich in blitzartiger Geschwindigkeit, trotz schnell eingerichteter Online-Möglichkeiten. Ich kann es meinen KundInnen nicht verdenken. In der Zeit waren wir alle sehr unsicher, wie es weitergeht. Ich huschte nur noch zum Einkaufen, ansonsten waren wir zuhause. Einmal war ich noch mit dem Leihrad im Büro, da meine Mobilitätsader, die Öffentlichen Verkehrsmittel, ja plötzlich so eine Art No-Go-Area wurden. „Hat da jemand gehustet?!“, „Kommt mir bloß nicht zu nahe…“. Anstrengend. Beängstigend.

Die ersten Masken wurden gekauft und getestet. Welche rutschen nicht in die Augen? Wie oft waschen? Wie aufbewahren?

Ich gab in der Zeit ein paar Online-Coachings und erarbeitete ein Hygienekonzept. Als Dienstleisterin hätte ich prinzipiell auch die ganze Zeit weiter vor Ort arbeiten dürfen, aber das kam in den ersten zwei Monaten nicht in Frage.

Da saß ich nun und launchte Ordnung bei der Arbeit zum Beginn des Lockdowns. Glauben Sie mir, das habe ich mir anders vorgestellt. Der Plan war, ab dem Frühjahr verstärkt Firmenseminare zu geben, natürlich vor Ort, live und in Farbe. Und dann direkt in den Büros, Lagern, Archiven… anzupacken. Pustekuchen. „Home Office“ (und HomeSchooling, und HomeKindergardening) waren die Stichworte dieser Zeit. Die Eltern um mich herum wurden immer gestresster. Ganz undankbar war ich tatsächlich in dem Moment nicht, keine kleinen Kinder betreuen und unterrichten zu müssen. Ich ziehe den Hut vor allen Familien mit Kindern! Was ihr leistet, ist großartig.

Der Sommer – alles wird etwas leichter

Der Frühsommer brachte für mich Kurzarbeit im Betrieb und damit nur noch 50% Arbeitszeit (von sowieso nur Teilzeitarbeit). Die Tage wurden heller und länger, der Sommer kam. Ich nutzte sie, was meine eigene Firma betrifft, für Blogbeiträge, Instagram, Facebook… Kommunikation mit meiner Community eben.

Dieses Jahr durfte ich auch zwei restlos ausverkaufte Webinare in Zusammenarbeit mit dem Berufsverband Bibliothek Information e.V. durchführen. Das Interesse war so groß, dass es jedes Mal Wartelisten gab. Das gab mir richtig Auftrieb und es hat riesen Spaß gemacht. Außerdem habe ich im Berliner Bibliothekswissenschaftlichen Kolloqium an der Humboldt-Universität zu Berlin zu meinem Lieblingsthema gesprochen.

Mit den steigenden Temperaturen und den längeren Aufenthalten im Freien kehrte etwas Lockerheit zurück. Wir saßen tatsächlich mal wieder in Straßencafés und Restaurants. Es war herrlich. Der Sommer brachte neben einer Hitzeperiode auch einige interessante Ordnungsaufträge bei großartigen Familien. Endlich durfte ich wieder vor Ort anpacken. Ich knackte sogar noch unerwartet früh den „Silber-Status“ bei KonMari. Das bedeutet, dass ich über 300 Stunden mit KundInnen nach der Methode aufgeräumt habe. Ich weiß noch, wie ich bei 30 Grad am Wannsee ein kleines Video dazu drehte. Ein kleiner Erfolg in diesen unsicheren Zeiten. Und eigentlich erst für Dezember 2020 angepeilt!

Eines meiner persönlichen Highlights war meine (einzige) Dienstreise als Ordnungscoach dieses Jahr ins schöne Bayern. Dort durfte ich in einer sozialen Einrichtung zwei Firmenseminare geben und direkt vor Ort mit anpacken. Es war sehr inspirierend und es tat so gut, rauszukommen. Urlaub habe ich dieses Jahr nur zuhause gemacht.

Mein Ding des Jahres

Zur Mitte des Sommers hin wurde ich zurück ins Büro beordert und musste mir nun Alternativen zum ÖPNV überlegen, den ich zur Rush Hour am Morgen für mich als keine Alternative mehr sah. Ich griff auf Dienste wie FreeNow (Ridesharing) und Co. zurück, aber das konnte ich mir natürlich nicht ewig leisten. Aus einer Laune heraus probierte ich einen der Leih-E-Scooter, die in Berlin überall auf der Straße ausleihbar sind. Hatte ich dieses Fortbewegungsmittel immer eher kritisch beäugt, weil so viele Jugendliche leider dessen Ruf völlig zerstört haben (fahren auf den Gehsteig, zu zweit auf dem Roller…), war ich schon von der ersten Fahrt an hin und weg. Das ist es! Ich hatte auf dem Arbeitsweg so viel Spaß wie selten zuvor. Warum nur hatte ich das nicht schon viel früher einmal ausprobiert? Ich schlich mich raus, um nachmittags noch eine Runde mit einem Roller zu drehen… Ein neues Hobby war geboren! Eine geniale Art, sich fortzubewegen. Nach ein paar Wochen Leihe hatte ich dann eine Entscheidung gefällt: Ich kaufe mir einen eigenen Scooter! Zum Glück gibt es ein Fachgeschäft hier vor Ort, wo ich mich ausführlich beraten ließ. Stolz wie Bolle schleppte ich den Scooter mit meinem Mann nach Hause. Der Rest ist Geschichte…. Knapp 400 Kilometer gefahren, geliebt und mein absolutes Ding des Jahres!!

Der Herbst kommt…und ich kündige

Die letzten drei Monate konnten wir aller erleben, wie eine gewisse Sorglosigkeit im Sommer die Coronazahlen wieder explodieren ließ. Ein neuer Lockdown. Und wieder leerte sich der Buchungskalender. Für uns kleine Firmen war das Jahr wirklich nicht leicht – für die großen wohl auch nicht! Ich entwarf einen neuen KonMari-Workshop, der erstmalig am 7. Januar 2021 stattfindet. Und noch eine große, große Entscheidung traf ich: Ich gebe mein Angestelltendasein Ende des Jahres auf! Puh und wow! Was für eine Herausforderung, was für eine neue Zeitrechnung für mich. Bis dato war ich immer noch (erst Vollzeit, dann Teilzeit) in meinem "Erstberuf" angestellt. Ich habe mir die Entscheidung nicht leicht gemacht, fühlte mich aber trotz aller Schwierigkeiten und Rückschläge wie eine überreife Frucht. Es wurde immer unmöglicher, das Ordnungscoaching und das Angestelltendasein zeitlich zu vereinbaren. Am 16. November teilte ich es meinem Arbeitgeber mit. Das Herz klopfte ein bisschen. Hatte ich mich dort doch auch sehr wohlgefühlt und ein ganz großartiges bibliothekarisches Projekt gestemmt. Aber manchmal muss man weiterziehen, um persönlich zu wachsen.

Und da stehe ich nun…

Und da stehe ich nun: Meine letzten beiden Tage im offiziellen Resturlaub laufen gerade ab. Das letzte feste Gehalt ist auf dem Konto eingetroffen. Die Zukunft ist weit offen. Wir alles gutgehen? Kann ich von dem was ich so sehr liebe, wofür ich brenne, auch wirtschaftlich überleben? 2021 wird es zeigen. Genauso wie 2020 mir gezeigt hat, dass nicht alles schlecht war. Dass wir über uns hinauswachsen sind, füreinander da sind, wenn es hart auf hart kommt. Dass die Wissenschaft großartiges leisten kann. Dass es mit den Impfstoffen einen Hoffnungsschimmer am Horizont gibt.

Bleiben wir möglichst gelassen und optimistisch.

Ein frohes, gesundes neues Jahr 2021 wünsche ich Ihnen!